Die Bedeutung der Europäischen Menschenrechtskonvention für die Kontrolle der Fachgerichte Durch die Verfassungsgerichtsbarkeit in Deutschland
Jochen ROZEK
Der Vortrag behandelt – am Beispiel des Kooperationsverhältnisses zwischen Bundesverfassungsgericht (BVerfG) und Europäischem Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) – die Möglichkeiten und Grenzen, den nationalen Verfassungsgerichten eine maßgebliche Unterstützungsfunktion bei der Wahrung der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) zuzuweisen, um so zu einer wirksamen Entlastung des EGMR beizutragen, der unter der Last eines riesigen Berges unerledigter Verfahren zu kollabieren droht.
Kooperationsverhältnis - Rang der EMRK in der innerstaatlichen Normenhierarchie - Völkerrechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes - Berücksichtigungspflicht von EGMR-Urteilen - Verfassungsbeschwerde bei Verstößen gegen die Berücksichtigungspflicht durch nationale Gerichte.
I. PROBLEMSTELLUNG
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat sich zu einer wirkungsstarken Rechtsschutzinstanz entwickelt, der im Kontext des Europarats die in der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) enthaltenen Individualrechte wirksam sichert. Maßgeblicher Grund für den europaweiten Siegeszug der EMRK ist das Individualbeschwerdeverfahren (Art. 34 EMRK), das der deutschen Verfassungsbeschwerde (Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG) funktional angenähert ist. Aufgrund des Individualbeschwerderechts können die Bürger der Konventionsstaaten Rechtsschutz gegen Konventionsverletzungen in Straßburg suchen.