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„Hate Speech in der Judikatur des EGMR”

Stephanie SCHIEDERMAIR

I. Einführung: Die Macht des Wortes

“Worte können sein wie winzige Arsendosen. Sie werden unbemerkt verschluckt, sie scheinen keine Wirkung zu tun, und nach einiger Zeit ist die Giftwirkung doch da.” Die Worte des deutschen Romanisten und Holocaust-Überlebenden Victor Klemperer beschreiben anschaulich das, was man als “die Macht des Wortes” bezeichnet. Worte sind mächtig, sie sind das Öl für ein gelungenes gesellschaftliches Zusammenleben und auch die Grundlage für den öffentlichen Diskurs in der Demokratie und damit ein wesentliches Element des demokratischen Prozesses - ist doch die Demokratie auf einen offenen, fairen Dialog existentiell angewiesen und lebt insofern von Voraussetzungen, die sie selbst nicht garantieren kann.1 Die Bedeutung, die das gesprochene und das geschriebene Wort für die Demokratie besitzt, spiegelt sich rechtlich im Schutz der Meinungsäußerungsfreiheit wider, die Art.10 EMRK für die Staaten des Europarates neben deren eigenen verfassungsrechtlichen Garantien vorsieht.

Doch nicht jedes Wort leistet einen Beitrag zum demokratischen Diskurs. Beleidigungen und Mobbing auch in der neuen Form des Cyber-Mobbing überschreiten die Grenze dessen, was dem Einzelnen als Träger des Rechts auf Privatheit nach Art.8 EMRK sowie entsprechender verfassungsrechtlicher Persönlichkeitsrechte zuzumuten ist. Wird gegenüber einem Einzelnen oder auch gegenüber bestimmten Gruppen zu Hass und Gewalt aufgestachelt, kann dies auch gesamtgesellschaftlich negative Folgen haben und destabilisierend auf jede Demokratie wirken. Das hiermit beschriebene Phänomen der „hate speech” stammt begrifflich aus dem amerikanischen Recht. In Deutschland sieht der Tatbestand der Volksverhetzung (§ 130 StGB) als besondere Ausnahme von der in Art.5 Abs.1 Satz 1 GG verankerten Meinungsfreiheit eine Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren für entsprechende Äußerungen vor.

Die Verbreitung von „hate speech” hat durch die Kommunikation im Internet Aufwind erhalten. Allerdings hat die Zahl derjenigen, die sich gegenüber anderen in aggressiver Form äußern, nicht zugenommen. Gleichwohl belegen Studien, dass auf Webseiten, in Blogs, in sozialen Netzwerken und in Internetforen immer mehr Äußerungen auftauchen, die als „hate speech” zu qualifizieren sind.2 Der Grund für diese vermehrte Verbreitung ist, dass die Autoren derartiger Kommentare, deren Zahl konstant bei etwa einem Prozent der Nutzer liegt, die automatisierten Verbreitungsmöglichkeiten, die das Internet bietet, gezielt für die Verbreitung von „hate speech” nutzen, etwa über Social Bots, Fake-Accounts, Fake-Follower und Trolle.3 In Deutschland geht das Bundeskriminalamt inzwischen verstärkt gegen Hasskommentare im Internet vor, die Polizei durchsucht Wohnungen von Verdächtigen und verfolgt Hasskommentare nach dem Tatbestand der Volksverhetzung.4 Daneben verpflichtet das am 30. Juni 2017 verabschiedete Netzwerkdurchsetzungsgesetz die Anbieter sozialer Netzwerke wie Twitter, Facebook und YouTube “offensichtlich rechtswidrige Inhalte” innerhalb von 24 Stunden nach Eingang einer Beschwerde zu entfernen oder zu sperren.5 Das im Hinblick auf die Meinungsfreiheit in Deutschland nicht unumstrittene Gesetz soll der Tatsache Rechnung tragen, dass der öffentliche Diskurs heute auch im Internet stattfindet und den dortigen erhöhten Verbreitungsmöglichkeiten für Hasskommentare mit gleichfalls erhöhten Sperrpflichten für die verantwortlichen Plattformen entgegentreten.6