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Systematische Darstellung der Berufung

Karl Heinz GÖSSEL

I. Die Berufung im System der Rechtsbehelfe

Selbstverständliches steht am Anfang: In einem Rechtsstaat ist der Staat an das Recht gebunden, und deshalb darf er seine Bürger nicht willkürlich behandeln. Die Wahrung dieser rechtsstaatlichen Garantie muss der Bürger aber auch durchsetzen können, und deshalb bestimmt Art. 19 Abs. 4 Satz 1 der deutschen Verfassung (Grundgesetzt, GG) als so genanntes „formelles Hauptgrundrecht“: „Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen“. Dieser Verfassungssatz ist in einem System von Rechtssätzen verwirklicht worden, die es ermöglichen, staatliches Handeln anzufechten und so kontrollieren zu lassen - und diese Rechtssätze heißen „Rechtsbehelfe“.

Rechtsbehelfe richten sich gegen jegliches hoheitliches staatliches Handeln, und so auch gegen gerichtliche Entscheidungen. Selbst rechtskräftig gewordene strafrichterliche Urteile können mit dem Rechtsbehelf der so genannten „Wiederaufnahme des Verfahrens“ angefochten werden. Gegen die noch nicht in Rechtskraft erwachsenen strafrichterlichen Urteile lässt das Gesetz eine Anfechtung mit der Berufung oder Revision zu, zwei so genannten „Rechtsmitteln“, einer Unterart der Rechtsbehelfe. Selbst der gerichtlichen Urteilsfindung vorausgehende Entscheidungen können grundsätzlich mit dem Rechtsmittel der „Beschwerde“ angefochten werden; dies aber kann und soll in diesen der Berufung gewidmeten Überlegungen außer Betracht bleiben. Über die Revision werden Sie im nachfolgenden Referat von Herrn Rothfuss Näheres erfahren; jedoch sei schon hier erwähnt, dass Berufung wie Revision jeweils drei gleiche Rechtsfolgen äußern, die durch die ihnen gemeinsame Natur als Rechtsmittel bedingt sind: Suspensiveffekt, Devolutiveffekt und Verschlechterungsverbot (Verbot der reformatio in peius). Eine wirksame Einlegung dieser Rechtsmittel verhindert zunächst, dass die angefochtenen Urteile rechtskräftig werden (Suspensiveffekt, Berufung: § 316 StPO; Revision § 343 Abs. 1 StPO) und vollstreckt werden können (§ 449 StPO). Darüber hinaus - Devolutiveffekt - wird die Entscheidung über das jeweilige Rechtsmittel stets auf das Gericht der jeweils höheren Instanz abgewälzt (Berufung: § 74 Abs. 3 GVG; Revision: §§ 121, 135 GVG). Endlich will das Gesetz verhindern, dass Rechtsmittel nur deshalb nicht eingelegt werden, weil eine Verschlechterung des je angefochtenen Urteils befürchtet wird: Deshalb normiert § 331 StPO ein ausdrückliches Verschlechterungsverbot bei der Berufung, für die Revision gilt § 358 Abs. 2 StPO. Dieses Verschlechterungsverbot greift allerdings nur in den Fällen, in denen nur der Berufungs- oder Revisionsführer allein das Rechtsmittel eingelegt haben und nicht etwa auch z.B. die Staatsanwaltschaft mit dem Ziel einer Verschlechterung des Rechtsfolgenausspruchs.

Formelle Voraussetzung einer wirksamen Berufungseinlegung ist zunächst die Rechtsmittelberechtigung, die neben dem Angeklagten, dessen Verteidiger, dem gesetzlichem Vertreter des Angeklagten auch der Staatsanwaltschaft zukommt, auch dem Verteidiger, diesem aber nicht gegen den Willen des Angeklagten (§§ 296, 297, 298 StPO). Weiter setzt eine wirksame Berufung die Wahrung einer Frist von einer Woche entweder nach der Verkündung des Urteils erster Instanz oder aber, falls die Verkündung nicht in Anwesenheit des Angeklagten stattgefunden hat, grundsätzlich nach der Zustellung des Urteils (§ 314 StPO). Überdies muss die Berufung bei dem Gericht der ersten Instanz deshalb eingelegt werden, damit dieses nach § 319 Abs. 1 StPO die Berufung selbst wegen Verspätung als unzulässig verwerfen kann (§ 314 Abs. 1 StPO), wogegen nach § 319 Abs. 2 StPO die Entscheidung des Berufungsgerichts beantragt werden kann: Auf diese Weise wird eine Entlastung der Berufungsgerichte von verspäteten und deshalb unzulässigen Rechtsmitteln erreicht.

II. Wesen der Berufung und die sich darauf ergebenden Konsequenzen

Nach § 332 StPO gelten für die Durchführung der Berufung die Vorschriften über die Hauptverhandlung erster Instanz entsprechend.

1. Deshalb hat das Berufungsgericht über das Rechtsmittel der Berufung aufgrund einer Hauptverhandlung zu entscheiden, die hier Berufungshauptverhandlung genannt wird - dem erstinstanzlichen Verfahren entsprechend, in dem über die Anklage der Staatsanwaltschaft aufgrund der Ergebnisse der erstinstanzlichen Hauptverhandlung entschieden wird (§§ 264 Abs. 1, 199, 260 StPO). Damit führt das Rechtsmittel der Berufung zu einer völligen Neuverhandlung der aufgrund der Hauptverhandlung erster Instanz durch Urteil entschiedenen Sache in tatsächlicher wie in rechtlicher Hinsicht, im Schuldspruch wie ebenso in der Rechtsfolgenfestsetzung: In der Berufungshauptverhandlung wird also nicht etwa das - angefochtene - Urteil erster Instanz überprüft, vielmehr wird über die in der Anklage bezeichnete Tat nach Maßgabe des Eröffnungsbeschlusses durch das Berufungsurteil völlig neu entschieden; neue Beweismittel sind zulässig (§ 323 Abs. 3 StPO).

2. Anders als beim Rechtsmittel der Revision, die nach § 337 nur auf eine Gesetzesverletzung gestützt werden kann, braucht der Berufungsführer deshalb auch nicht anzugeben, welche Punkte des Ersturteils er aus welchen Gründen anfechten will: Nach § 317 StPO kann er seine Berufung begründen, muss dies aber nicht, so dass es auf die Wahrung der einwöchigen Begründungsfrist (§ 317 StPO) nicht ankommt. Lediglich die Staatsanwaltschaft ist aus innerdienstlichen Verwaltungsvorschriften verpflichtet, ihre Berufung zu begründen (Nr. 156 Abs. 1 der Richtlinien für das Straf- und Bußgeldverfahren, RiStBV). Die Bedeutung einer Berufungsbegründung wird im Wesentlichen darin erblickt, den Gegner des Berufungsführers, also entweder Verteidigung (Angeklagte) oder die Staatsanwaltschaft, über Richtung und Umfang (etwa: bei einer auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkten Berufung) der Berufung zu informieren und ebenso das Berufungsgericht, welches so die Berufungshauptverhandlung durch die Herbeischaffung der nötigen Beweismittel und auch durch die Terminierung besser vorbereiten kann. Unabhängig davon kann eine Begründung der Berufung dann sogar zweckmäßig sein, wenn etwa das Erstgericht das Ergebnis einer Beweisaufnahme fehlerhaft gewürdigt (Verstoß gegen § 261 StPO) oder übersehen hat, ein für die Entscheidung bedeutsames Beweismittel zu berücksichtigen (Verstoß gegen § 244 Abs. 2 StPO): In diesen Fällen kann das Berufungsgericht durch die Berücksichtigung des bisher übersehenen Beweismittels und eine nunmehr zutreffende Beweiswürdigung diese Fehler vermeiden, weil die nunmehrige Neuentscheidung des Berufungsgerichts allein auf dem Ergebnis der Berufungshauptverhandlung beruht und nicht durch irgendwelche potentiellen Fehler der Vorinstanz beeinträchtigt sein kann. Das gilt insbesondere auch für Verfahrensfehler: Weil das Berufungsurteil auf einer neuen Hauptverhandlung beruht, sind Verfahrensfehler, die in erster Instanz begangen wurden, in der Berufungshauptverhandlung grundsätzlich (zu Ausnahmen s.u. VI 2) ohne Bedeutung.

3. Der Natur des Berufungsverfahrens als einer völligen Neuverhandlung der in erster Instanz verhandelten Sache entsprechend gelten die Vorschriften der §§ 212, 226 ff. StPO über die Hauptverhandlung erster Instanz im Berufungsverfahren entsprechend, denen zufolge z.B. der Vorsitzende des Berufungsgerichts den Termin zur Berufungshauptverhandlung bestimmt und auch die notwendigen Ladungen zu veranlassen hat, auch bei einer Berufungseinlegung durch die Staatsanwaltschaft. So muss nach § 273 Abs. 1 und 1a StPO das Protokoll der Hauptverhandlung erster Instanz u.a. deren Gang, deren Ergebnisse und auch der Beachtung aller wesentlichen Förmlichkeiten nebst der Wiedergabe des wesentlichen Ablaufs und Inhalts der Verhandlung wiedergeben und ersichtlich machen. Dies gilt nach § 332 StPO auch für die Berufungshauptverhandlung, allerdings mit einer gewichtigen Ausnahme. Die Aufnahme der wesentlichen Ergebnisse der Vernehmungen in das Protokoll ist nach § 273 Abs. 2 Satz 1 StPO allein für die Hauptverhandlung erster Instanz vor den Spruchkörpern des Amtsgerichts vorgesehen, nicht aber für die Berufungshauptverhandlung - mit dem insbesondere aus der Sicht der Verteidigung fragwürdigen Ergebnis, die Wiedergabe der Vernehmungen von Zeugen und Sachverständigen im Urteil selbst nicht mehr mit einem dazu gegensätzlichen Ergebnis des Protokollinhalts konfrontieren zu können.